Lotta ist eine wahre Meisterin darin, Unbefleckten und Unschuldigen die Swingerwelt schmackhaft zu machen. Wäre ich nicht schon längst in die (semi-)freie Liebe verliebt, dieser Blog hier hätte mich wahrscheinlich dazu gebracht. So aber habe ich schon einige Swinger-Erlebnisse auf dem Buckel – und nicht alle davon waren uneingeschränkt positiv. Nicht einmal, weil ich persönlich negative Erfahrungen im Swingerclub gemacht hätte. Sondern eher, weil mir in der Swingerszene ein paar unangenehme Tendenzen aufgefallen sind. Und über genau diese Probleme möchte ich mit Euch reden. 

Dieser Blogartikel ist ein Gastbeitrag von Carolin Kresse, die seit 2013 als freiberufliche Texterin tätig ist und sich auf Erotik-Content und Erotik-Marketing spezialisiert hat. Seitdem sich unsere Wege auf Instagram kreuzten, folge ich ihr nicht nur für cuten cat content, sondern auch wegen ihrer sehr hilfreichen Beiträge zu den verschiedensten Sexthemen. Du findest Caro bei Instagram unter dem Namen @sextexterin. Auf ihrer Homepage www.sextexterin.de erfährst du mehr über Caro und ihre besondere Tätigkeit. Dieser Text handelt von negativen Erfahrungen im Swingerclub (und wie man sich davor schützt).

Die Schattenseiten der Swingerwelt

Zunächst ein kleiner Disclaimer: Vieles, was ich schreibe, klingt unglaublich negativ. Homophobie, Rollenbilder und Gruppendynamiken sind naturgemäß keine schönen Themen. Aber gerade deswegen finde ich, dass wir Swinger*innen (und Swing-Interessierten) uns damit beschäftigen sollten. Ich mag die Swingerwelt unheimlich gern und ich möchte, dass sie so gut und offen ist, wie sie nur sein kann. Und das funktioniert nur, wenn wir auch über die Schattenseiten sprechen. 

Negative Erfahrungen durch Homophobie im Swingerclub – ist das wirklich ein Ding?

Wir sitzen im Whirlpool. Der objektiv beste Ort, um mögliche Spielgefährt*innen auszuchecken – hier sind ja schließlich alle nackt. Ich habe ein Plastiksektglas mit Orangensaft in der Hand, eine fremde Hand zwischen meinen Beinen und ein zufriedenes Lächeln im Gesicht. Der Pool ist so voll, dass ich gar nicht weiß, wem das fremde Körperteil eigentlich gehört. Es ist mir ehrlich gesagt auch egal.

Plötzlich gibt es Streit: Zwei Männerfüße sind wohl unter Wasser zusammengestoßen und haben ein bisschen gekuschelt, bis sich die Besitzer gegenseitig gefunden haben. „Schwuli“ war noch die netteste Beleidigung, die darauf folgte.

Diskriminierung im Swingerclub führen zu negativen Erfahrungen

Der Swingerclub ist ein Mikrokosmos der Gesellschaft: Hier treffen sich Menschen aus allen Schichten und Lebenswegen. Nur eben nackt. Und dementsprechend finden sich hier dieselben Diskriminierungen und Vorurteile, die es (leider) auch im Alltag gibt.

Dabei kann man der Swingerszene an sich keine Homophobie unterstellen! Gefühlt findet jeden Tag irgendwo eine Bi-Party statt. Aber leider gelten dabei sehr unterschiedliche Verhaltensregeln für Männer und für Frauen.

Swingerclub Erfahrungen

Bisexuell? Cool – aber nur, wenn Du eine Frau bist!

Warst Du schonmal dabei, wenn sich zwei Frauen auf einer ansonsten unspektakulären Swingerparty küssen? Es bereitet mir Bauchschmerzen, dass weibliche Homo- oder Bisexualität einen fetischisierten Status „genießt“, während schwule Handlungen tabuisiert werden. Und zwar nicht nur, weil ich wirklich gerne mal dabei zuschauen würde, wie sich zwei Männer miteinander vergnügen. 

Ich kann von meinen Erfahrungen natürlich kein Muster ableiten. In jedem Club, ach, bei jeder einzelnen Party können Rüpel auf der Gästeliste stehen. Und es ist definitiv nicht in Ordnung, ohne Nachfrage loszufummeln. Aber Sex auf der Spielwiese ist eine Gruppendisziplin. Und da kommt man(n) sich schonmal näher.

Ich habe keine Lösung dafür, wie wir offener mit allen sexuellen Orientierungen umgehen. Der Swingerclub bildet ja nur ab, was in der Gesellschaft vorherrscht: eine unterschwellige Homophobie, bei der lesbische Lust ein heißer Fetisch ist und schwule Handlungen bitte nur hinter verschlossenen Türen stattfinden sollen. 

Alte Rollenbilder führen zu schlechten Erfahrungen beim Swingen: Von „Stuten“ und „Hengsten“

Okay, jetzt wird es ein bisschen haarig. Ich möchte niemandem den eigenen Kink absprechen – wirklich nicht! Ich pendele selbst zwischen der devoten und dominanten Rolle hin und her. Dementsprechend verstehe ich es sehr gut, wenn sich Frauen und weiblich gelesene Personen erotisch hingeben und ihrem Partner unterwerfen wollen.

Aber.

Die Swingerwelt neigt zum Exzess. Bei Orgien und am Buffet ist das ganz nett, in Sachen Geschlechterrollen eher schwierig. Manchmal fühle ich mich wie in den 1980ern, wenn ich einen Swingerclub besuche. Einige „altbackene“ Clubs sind erstaunlich spießig, wenn es um den sexuellen Ausdruck geht.

Ich kopiere mal ein paar Zitate aus den Eventbeschreibungen bei Joyclub:

  • „Es erwarten euch potente, ausdauernde Deckhengste und willige, hingebungsvolle Stuten!“
  • „Ein “Muss” für potente Herren und AKTIVE und SCHWANZGEILE Paare bzw. Damen!“
  • „Diese Luder wollen manchmal einfach nur eines: Junge Burschen!“
  • „Die Muschi wählt! War schon immer so.“
  • „Die Mega-Orgie für geile Böcke und nimmersatte Luder!“
schlechte Erfahrungen im Swingerclub

“Traditionelle“ Rollen dominieren auf Swingerpartys – das ist ein Problem!

Ich weiß, ich weiß, kein Kinkshaming. Natürlich drehen sich viele Fetische und Vorlieben um Geschlechterrollen. Analog zu Stutenmärkten, HÜ-Partys (Herrenüberschuss-Partys) und männlich dominierten Gangbangs gibt es auch einige CFNM- (Clothed Female, Naked Male) oder andere Femdom-Veranstaltungen. 

Aber ich habe die Joyclub-Events an diesem Samstag mal überflogen und bin zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen: Es dominieren Events, bei denen die Frauen eher in der devoten Rolle oder in der Unterzahl sind. Und selbst Partys ohne kinky Thema nutzen ständig abwertende Begriffe für weibliche Lust.

Dafür gibt es mehrere Gründe. Es gibt einfach weniger (Solo-)Frauen in der Swingerszene. Und gesellschaftlich landen Frauen häufiger in der devoten Rolle und identifizieren sich entsprechend damit. Die Events befeuern den Kreislauf der Rollenklischees noch weiter, die dazu führen, dass wir negative Erfahrungen im Swingerclub machen.

Und dann sitze ich wieder auf einer Swingerparty und fühle mich wie ein Verhandlungsobjekt, weil manche (Solo)Herren meinen Mann um Erlaubnis bitten, mit mir vögeln zu dürfen.

Sex ohne Vorurteile macht viel mehr Spaß

Und auch hier gilt wieder: Meine Erfahrungen sind nicht das Maß aller Dinge! Ich habe genauso schon erlebt, dass der Swingerclub ein wertfreier Ort fürs Herumexperimentieren sein kann. Das klappt aber nur, wenn sich die Veranstalter*innen darum bemühen. Wenn in der Partybeschreibung schon von „Stuten“ und  „Ludern“ die Rede ist, reflektiert das den Umgang mit Frauen vor Ort. 

Ich sage nicht, dass es keine Stutenversteigerungen oder Gangbang-Partys mehr geben sollte. Aber in der Häufigkeit und Frequenz entsteht schnell der Eindruck, dass Frauen und weiblich gelesene Personen im Swingerclub generell darauf stehen, degradiert zu werden. 

Ein guter Swingerclub stellt nicht nur eine Location zur Verfügung. Er kümmert sich auch darum, dass sich alle potenziellen Gäste wohl und sicher fühlen, damit niemand negative Erfahrungen im Swingerclub machen muss. Und da hapert es leider an einigen Stellen. 

negative Erfahrungen im Swingerclub

Gruppendynamik und sinnliches Miteinander: Der Faktor Mensch

Alleine swingt es sich schlecht. Das Miteinander ist der entscheidende Faktor für eine gute Orgie. Sonst könnte ich ja auch zu Hause bleiben. Aber welche Menschen gehen eigentlich in den Swingerclub? 

Im Swingerclub kann man allem und jedem begegnen: Schüchternen Nerd-Pärchen, Machomännern, Feministinnen, Alt-Hippies, der Kassiererin aus dem Supermarkt oder dem Handwerker, der gestern noch die Heizungen abgelesen hat. Es gibt eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass da zumindest halbwegs passende Partner dabei sind. Aber genauso wahrscheinlich ist es, dass Du auf Unsympathen trifft, die Du richtig doof findest.

Normalerweise gleicht sich das aus. Aber nur, wenn man nach den ersten negativen Erfahrungen im Swingerclub nicht verschreckt wegläuft und nie wieder kommt. 

Cliquenbildung: Vom Swingerclub auf den Schulhof

Mir ging es nach meinem ersten Swingerclub-Besuch so. Ich hatte keine Ahnung, woran ich einen guten, offenen Club erkenne. Deswegen habe ich mir einen alteingesessenen Pärchenclub in der Region ausgesucht. Der Abend war okay, aber ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass ich als „Neuling“ nicht dazugehöre. Es gab mehrere eingeschworene Cliquen mit Stammplätzen und exklusiven Runden auf den Spielwiesen. Keine Chance, mitzumachen – zumindest nicht als schüchterne Anfängerin! 

Wahrscheinlich haben die alteingesessenen Gäste das nicht einmal mitbekommen, sie waren ja auch nicht aktiv gemein zu mir. Aber es schreckt enorm ab, wenn man beim ersten Besuch mit etablierten Grüppchen konfrontiert wird. 

Jetzt kommen die guten Nachrichten: Jeder und jede von uns kann die Swingerwelt ein bisschen besser machen. Einige Clubs bieten Mentorenprogramme an, bei denen alte Hasen neugierige Jünglinge herumführen und beim ersten Abend begleiten. Und es kostet nichts, nett zu anderen Menschen zu sein! Besonders, wenn man sich später auf der Matte begegnen will. 

negative Erfahrungen im beim Swingen

Die perfekte Swingerparty – gibt es die überhaupt?

Fast alle Schattenseiten der Swingerwelt spiegeln Probleme in der „realen Welt“ wider. Ich kann nicht qualifiziert über Barrierefreiheit, Inklusion und Rassismus auf Swingerpartys reden, weil ich davon nicht betroffen bin.

Ich habe aber oft das Gefühl, dass viele Probleme und Perspektiven von den Veranstalter*innen und Gästen nicht mitgedacht werden. Chris von www.sexabled.de hat hier im Blog von Lotta schon über Barrierefreiheit in Swingerclubs geschrieben.

Wahrscheinlich wird es nie den einen, perfekten Club geben. Alleine schon deswegen, weil so viel von den Besucher*innen eines Sex-Events abhängt. Aber die Clubbetreiber*innen können einiges dafür tun, um ihre Location für alle denkbaren Gäste attraktiver zu machen. Damit zumindest in ihrem Swingerclub niemand negative Erfahrungen machen muss. 

Lotta schreibt immer wieder davon, dass der richtige Swingerclub den Unterschied macht. Für Dein eigenes Vergnügen lohnt es sich total, eine Location zu finden, in der Du Dich wohlfühlst. Das kann der kleine, intime Pärchenclub in der Nachbarschaft sein, wo sich alle Besucher*innen seit Jahren kennen und schätzen. Oder Du bevorzugst den hippen, aufgeklärten Club mit Themenpartys und durchdachtem Konzept. Alles völlig okay! 

Auf der anderen Seite hat Deine Entscheidung einen Einfluss auf die Swingerszene an sich: Je beliebter die offenen, LGBT-freundlichen und inklusiven Clubs werden, desto mehr wird es davon geben. 

negative Erfahrungen im Swingerclub

Die Sonnenseiten der Swingerwelt: So schön kann es sein! 

Bedeutet das jetzt, dass ich Dir von einem Besuch im Swingerclub abrate, weil negative Erfahrungen vorprogrammiert sind? Definitiv nicht! 

Ich liebe es, unverbindlich begehrt zu werden und zu begehren. Und Swingerclubs sind für mich die perfekte Location, um schnell und umstandslos meine Fantasien auszuleben. Noch schöner wäre es jedoch, wenn wir uns vom Staub vergangener Tage befreien und schauen, wie cool und offen Swingen im 21. Jahrhundert sein kann. Die Swingerwelt ist das, was wir daraus machen! 

Vielleicht bin ich auch einfach zu mäkelig. Oder geht es Dir auch so? Hast Du auch bei manchen Clubs und Events ein unschönes Bauchgefühl? Ich fände es total spannend, wenn wir darüber reden!

Alles Liebe,

Caro


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Titelbild und Fotos von Alexander Krivitskiy via unsplash.

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